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Ein hohes Tempo und grosse Emotionen prägen die Arbeit der Schweizer Eishockey-Schiedsrichter. Wie schaffen sie es, schnell und trotzdem richtig zu entscheiden? Und welche Tipps haben sie für deinen Arbeitsalltag? Die Referees Pascal Hungerbühler und Sandro Wiedmer, beide ehemalige Profispieler, geben uns Auskunft.
Pascal Hungerbühler (40) durchlief die gesamte Eishockey-Juniorenabteilung der Lions in Zürich. Im Alter von 25 Jahren und fokussierte er sich auf das Schiedsrichterwesen und unterstützt auch das Schiedsrichterwesen der Region Ostschweiz. Der Jurist leitet heute die Rechtsabteilung einer internationalen IT-Firma. Neben seinem Vollzeitpensum pfeift er bis zu 70 Spiele pro Saison, seit 2019 in der National League.
Sandro Wiedmer (37) startete als Junior beim KSC Küssnacht am Rigi und danach beim EV Zug. Zeitweise spielte er für den EHC Aarau und den EHC Chur. Von der Saison 2008/09 bis 2020/21 war er als Verteidiger für den EHC Visp und den SC Bern aktiv. Der zweifache Familienvater arbeitet heute in der Buchhaltung eines KMUs, spielt im Sommer gerne Golf und steht 2024/25 bereits die vierte Saison als Schiedsrichter auf dem Eis.
Was ist das Schöne an eurer Tätigkeit als Schiedsrichter?
Wir dürfen gemeinsam mit Spitzenathleten, darunter auch Weltmeister und Olympiasieger, auf dem Eis stehen. Das schätze ich unglaublich. Zudem sind wir hautnah an den Emotionen dran. Ich finde, wir haben den besten Platz im ganzen Stadion.
Ja, wir sind nahe dran. Ich freue mich auch, viele bekannte Gesichter und ehemalige Spielerkollegen auf dem Eisfeld zu sehen. Dazu gibt es einen gewissen Lerneffekt. Als Spieler meinst du oft, du seist im Recht. Jetzt, als Schiedsrichter, sehe ich auch die andere Seite (lacht).
Im Eishockey herrscht ein hohes Tempo. Wie geht ihr mit diesem Zeitdruck, wenn schnelle Entscheidungen gefällt werden müssen?
Im Sport hast du nicht Zeit für lange Überlegungen, auch nicht als Schiedsrichter. Bei einem Stockschlag sprichst du eine Strafe aus oder nicht, aber du kannst nicht lange grübeln und zögern. In den oberen Ligen haben wir zusätzlich die Möglichkeit, bei gewisse Szenen die Videoaufzeichnung zu konsultieren. Da kannst du den Entscheid allenfalls revidieren. Das ist, wie wir sagen, eine zweite Chance für die richtige Entscheidung.
Als Schiedsrichter beginnst du in der untersten Liga und arbeitest dich Schritt für Schritt hoch. Bei jedem Wechsel steigt das Tempo etwas, und dein Körper und dein Kopf gewöhnen sich daran. Die Routine kommt mit der Zeit.
Auch im Arbeitsalltag werden wir alle mit Zeit- und Entscheidungsdruck konfrontiert. Welche Tipps habt ihr, damit man trotzdem gute Entscheidungen treffen kann?
Man darf nie vergessen, dass es immer weitergeht. Wenn meine Entscheidung für Aufregung sorgt, sage ich mir: Der Moment mag hitzig sein, aber letztlich bleibt es ein Spiel.
Ich finde, du solltest auch bei grossem Druck zuerst einmal nüchtern die Situation anschauen und dich dann zu nichts drängen lassen. Vor allem solltest du keine Aussagen treffen, die du nicht einhalten kannst. Der Fokus auf die Sache hilft mehr als der Fokus auf den Druck.
Als Schiedsrichter bleibt ihr cool, auch wenn die Emotionen im Stadion hoch gehen. Wie schafft ihr es, euch abzugrenzen?
Gerade bei negativen Emotionen weiss ich, dass sich diese auf meine Rolle als Schiedsrichter beziehen, aber nicht auf mich als Person. Auf dem Eis bin ich für manche Leute eine Reizfigur. Doch ausserhalb des Stadions werde ich ganz anders behandelt. Da heisst es dann eher: Wow, was du da machst, könnte ich nicht.
Ich hatte zum Glück nie ein Problem damit, denn ich nehme mir solche Sachen nicht zu Herzen. Auf dem Eis haben wir ein Team A und ein Team B. Wir sind dazu da, beide gleich zu behandeln und die Regeln durchzusetzen. Darum ist klar, dass du es sowieso nie allen recht machen kannst.
Auch im Arbeitsleben kann es emotional werden – und oft steigt dann auch die Lautstärke etwas. Welchen Tipp habt ihr für solche Situationen?
Das Erfolgsrezept ist, dass du dich nicht mitreissen lässt, sondern das Gegenteil machst. Je emotionaler der andere wird, desto sachlicher wirst du. Dann merkt der andere mit der Zeit, dass er über das Ziel hinausschiesst und wird auch wieder sachlich.
Ich analysiere zuerst einmal die Situation und versuche danach, Hand zu einer Lösung zu bieten. Wenn man in einer normalen Lautstärke und ruhig kommuniziert, geht das meistens recht gut. Der Sport hat mir in dieser Hinsicht sehr viel gebracht.
Habt ihr als Schiedsrichter auch Situationen erlebt, auf die ihr lieber verzichtet hättet?
Wie überall im Sport gibt es auch bei uns Entscheide, die man im Nachhinein anders getroffen hätte.. Aber am Schluss gehören eben auch die unangenehmen Situationen dazu. Diese Hochs und Tiefs machen es aus, der Sport lebt von diesen Emotionen. Es wäre schön, wenn das Publikum uns unvoreingenommener und mit mehr Wertschätzung begegnen würde – schliesslich sind wir alle Teil des Spiels.
Ich habe jetzt erst vier Saisons hinter mir, habe mich aber noch nie extrem unwohl gefühlt, schliesslich sind wir alle Teil des Spiels. Egal, für welches Team du bist - es geht um den Sport.
Wem könnt ihr die Arbeit als Eishockey-Schiedsrichter empfehlen?
Allen, die Freude am Hockeysport haben und Herausforderungen mögen. Schiedsrichter zu sein, ist eine tolle Möglichkeit, um Verantwortung zu übernehmen und sich persönlich weiterzuentwickeln.
Ich empfehle die Funktion jedem, der Hockey gern hat oder ein Teil des Sports sein will. Auch wir Schiedsrichter sind ein Team. Zwar bei jedem Match mit einer anderen Aufstellung, doch die Liebe zum Sport eint uns. Deshalb empfehle ich diesen Job aus Überzeugung. Er macht eine Riesenfreude.
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